Empörung über Russland

Die aktuell über alle Massenverdummungsmeiden verbreitete Empörung über die überraschende, russische Invasion in der Ukraine erinnert mich sehr an drei Szenen im Buch „Ronja Räubertochter“ von Astrid Lindgren, in denen der Räuberhauptmann Mattis mit der Besetzung der Nordburg durch Borka und seine Räuber konfrontiert ist:

Vor allem aber wollte er wissen, wie sich diese Haderlumpen, diese Hundesöhne in die Nordburg eingeschlichen hatten, ohne daß ein einziger Mattisräuber etwas davon bemerkt hatte. Alle, die zu Fuß oder zu Pferd in die Mattisburg wollten, mußten ja durch die Wolfsklamm, und dort hielten sie Wache Tag und Nacht. Und doch hatte keiner auch nur die Spur von einem Borkaräuber gesehen. Glatzen-Per kicherte höhnisch.
»Haha, hast du etwa geglaubt, Mattis, daß sie durch die Wolfsklamm spaziert kommen und ganz artig sagen: Rückt mal beiseite, Freunde, denn heute nacht wollen wir in die Nordburg ziehen?«

und später im direkten Dialog mit Borka:

»Das mag schon sein«, antwortete Mattis.
»Aber sich so plutz-plotz einen Wohnplatz zu rauben, ohne auch nur anzufragen, das tut keiner, der auch nur ein bißchen Scham im Leibe hat.«
»Seltsame Worte für einen Räuber sind das«, sagte Borka.
»Hast du dir nicht immer genommen, was du haben wolltest ohne groß zu fragen?«

und später als Ronja von Mattis wissen will wie Borka das gemeint hat

»Was hast du genommen, ohne zu fragen?«
beharrte sie. Als Mattis nicht antwortete, tat Glatzen-Per es an seiner Stelle.
»Viel ist das! Hoho, jaja, sehr viel! Ich könnte es aufzählen …«
»Das läßt du bleiben«, sagte Mattis erbost, »Das hier ist meine Sache.«
[…]
»Kleines Unschuldslamm, das du noch bist, Ronjakind, dir hab ich bisher davon nicht soviel erzählt.«
»Nee, keinen Piep hast du darüber gesagt«, bestätigte Glatzen-Per, »und auch wir haben keinen Piep sagen dürfen.«
»Alter, willst du nicht bald schlafen gehen?«
fragte Mattis. Aber das wollte Glatzen-Per nicht. Das hier wollte er hören. Und Ronja begriff. Jetzt endlich verstand sie, woher alles kam. Alles, was die Räuber abends auf den Pferderücken heimbrachten, alle Waren in Säcken und Bündeln, alle Kostbarkeiten in Laden und Schreinen – all dies wuchs schließlich nicht auf den Bäumen im Wald. Ihr Vater nahm es anderen Menschen einfach weg.
»Aber werden die Leute denn nicht wahnsinnig wütend, wenn man ihnen ihre Sachen wegnimmt?«
fragte Ronja. Glatzen-Per kicherte.
»Wütend, daß es nur so zischt«, versicherte er.
»Oje, oje, du solltest das nur hören!«
»Alter, es wäre gut, wenn du jetzt endlich schlafen gehst«, sagte Mattis. Doch davon wollte Glatzen-Per noch immer nichts wissen.
»Manche weinen auch«, erzählte er Ronja. Aber da brüllte Mattis:
»Jetzt hältst du dein Maul, sonst werf ich dich raus!«
Dann tätschelte er Ronja die Wange.
»Du mußt das verstehen, Ronja! So geht es nun mal zu. Und so ist es von jeher zugegangen. Darüber gibt’s nichts weiter zu reden.«
»Nee, freilich nicht«, sagte Glatzen-Per, »aber die Leute gewöhnen sich komischerweise nie daran. Sie jammern und weinen und fluchen, daß es eine Freude ist!«
[…]
»Versteh doch, Ronjakind, ich nehm doch nur denen was weg, die reich sind«, beteuerte er. Dann dachte er ein bißchen nach. „Und davon geb ich den Armen ab, jawohl, das tu ich.«
Da kicherte Glatzen-Per.
»Und ob das stimmt! Einen ganzen Sack Mehl hast du der armen Witwe mit den acht Kindern geschenkt. Weißt du noch?«
»Genau«, sagte Mattis.
»Genau das hab ich getan!«
Er strich sich schmunzelnd seinen schwarzen Bart. Jetzt war er höchst zufrieden mit sich und mit Glatzen-Per. Wieder kicherte Glatzen-Per.
»Mattis, du hast doch ein gutes Gedächtnis, o ja! Mal sehen, das werden wohl an die zehn Jahre her sein, wenn ich’s so überschlage. Du gibst den Armen, jaja. Alle naselang – so alle zehn Jahre.«
Da brüllte Mattis:
»Wenn du jetzt nicht endlich schlafen gehst, dann kenn ich einen, der dir helfen wird, alle viere von sich zu strecken.«

Dieser Beitrag wurde unter normaler wahnsinn veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

3 Antworten zu Empörung über Russland

  1. cassiel schreibt:

    Der dazu passende Artikel von Ralf Streck auf Telepolis:
    Allseitige Heuchelei zum Krieg in der Ukraine

  2. cassiel schreibt:

    Zwei kleine Schmakerl für meine Kommentar-Feed-Leser:

    Nimm das Recht weg – was ist dann ein Staat noch anderes als eine große Räuberbande
    — Augustinus von Hippo

    in Verbindung mit

    You have no rights … just a bill of temporary privileges
    — George Carlin

    passt der Räuberbanden-Vergleich von „Ronja Räubertochter“ doppelt gut.

    Ich hab mir mal die die Mühe gemacht, den betreffenden Filmausschnitt (36 MB) zu editieren.

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